Die Baulohnabrechnung – ein Fall für Profis

Schon gewöhnliche Lohn- und Gehaltsabrechnungen bedeuten für kleine und mittlere Betriebe ohne hochqualifizierten HR-Bereich eine Herausforderung. Steuer- und Sozialversicherungsrecht ist kompliziert und ändert sich häufig. Daraus entstehen Haftungsrisiken für das Unternehmen. Die Baulohnabrechnung ist aufgrund der Besonderheiten in der Branche, zum Beispiel witterungsabhängige Arbeiten, um ein Vielfaches komplexer als die Lohnabrechnung in anderen Wirtschaftszeigen.

Wer muss eine Baulohnabrechnung erstellen?

Das richtet sich zunächst nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV). In diesem Tarifvertrag ist geregelt, welche Unternehmen Pflichtmitglieder der Sozialkassen (SOKA) Bau sind. SOKA Bau steht dabei als Dachmarke für die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) und die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG (ZVK). Beide erzielen keine Gewinne, sondern organisieren lediglich ein Umlageverfahren. SOKA-pflichtig sind Unternehmen des Bauhauptgewerbes, die in Deutschland tätig sind, also auch ausländische Anbieter. Zu den Tätigkeiten im Bauhauptgewerbe zählt das Erstellen, Instandhalten, Instandsetzen, Verändern oder Abreißen von Bauten, das Durchführen von Bauten- und Eisenschutzarbeiten sowie technische Dämmarbeiten.

Viele Betriebe im Baunebengewerbe fallen zwar nicht unter den VTV und haben eigene Sozialkassen. Aber auch sie müssen Baulohn abrechnen. Das sind zum Beispiel Dachdecker (SOKA Dach), Gerüstbauer (SOKA Gerüst), Maler (Maler-Kasse) und Unternehmen im Garten- und Landschaftsbau (EWGaLa). Zusammengefasst kann man sagen: Wer seinen Leistungsschwerpunkt auf einer Baustelle hat, muss eine Baulohnabrechnung erstellen. In Zweifelsfällen gibt die zuständige Sozialkasse Auskunft.

Welche Besonderheiten sind zu beachten?

Viele Tätigkeiten auf der Baustelle sind wetterabhängig. Um regelmäßige Zahlungen an die Beschäftigten zu sichern, gibt es diverse Ausgleichstöpfe, insbesondere Winterumlage, Mehraufwands-Wintergeld, Zuschuss-Wintergeld und Saison-Kurzarbeitergeld. Hinzu kommen je nach Gewerbe weitere Besonderheiten wie Erstattung von Urlaubsgeld, Ausfallgeld, Lohnausgleich und Azubi-Vergütung sowie Beiträge für die Altersvorsorge. Die konkreten Umlagesätze der Sozialkassen sind unterschiedlich, außerdem gibt es diverse Besonderheiten. So beträgt beispielsweise die Winterbauumlage in der Regel 2 %, des Bruttolohns. Arbeitnehmer beteiligen sich daran mit 0,8 %. Für Gerüstbauer ist es aber nur 1 % ohne Arbeitnehmeranteil, Dachdecker können ihren Arbeitnehmeranteil dadurch erbringen, dass sie auf zwei Urlaubstage verzichten.

Eine weitere Besonderheit für das Baugewerbe ist die seit 2009 verpflichtende und seit 2016 zwingend elektronisch durchzuführende Sofortmeldung von Arbeitnehmern an die Rentenversicherung bereits vor Beschäftigungsbeginn. Mit Zugriff auf diese Daten kann der Zoll bei Vor-Ort-Kontrollen mögliche Schwarzarbeit sofort feststellen. Fehlende Meldungen sind mit hohen Bußgeldern bedroht.

Kann ich die Abrechnung selbst machen?

Grundsätzlich ja. Aber die Fülle der Besonderheiten zeigt, welche Kapazitäten das binden würde und wie viele Fallstricke trotzdem drohen. Für Kleinstbetriebe mag eine Spezialsoftware mit Schnittstellen für die erforderlichen Meldungen ausreichend sein. Wer viele Abrechnungen erstellen muss und seine Verwaltung nicht unnötig aufblähen möchte, sollte über das Outsourcing der Baulohnabrechnung nachdenken. Selbstverständlich müssen Stamm- und Bewegungsdaten wie Arbeitsstunden und Veränderungen in der Belegschaft weiterhin zugeliefert werden. Den Rest übernimmt dann aber der Dienstleister. Zwar haftet der Unternehmer für die Richtigkeit von Meldungen und Abrechnungen. Im Innenverhältnis zum Abrechnungsunternehmen kann er die Verantwortung dafür aber übertragen und gegebenenfalls Ersatzansprüche geltend machen.

Bild: Bigstockphoto.com / Catalin Pop

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